KREATIVITÄT  
 

  Zitate Schinkel + Ende + Kahl

 
   
  Karl Friedrich Schinkel (1781–1841)
in
Willi Baumeister: Das Unbekannte in der Kunst, (1947) DuMont Schauberg, Köln, 1960, Seite 174
 
Überall ist man nur da wahrhaft lebendig, wo man Neues schafft - überall, wo man sich ganz sicher fühlt, hat der Zustand schon etwas Verdächtiges, denn da weiß man etwas ganz gewiß, also etwas, was schon da ist, wird nur gehandhabt, wird wiederholt angewendet.
  Dies ist schon eine halbtote Lebendigkeit. Überall da, wo man ungewiß ist, aber den Drang fühlt und die Ahnung hat zu und von etwas Schönem, welches dargestellt werden muß, da wo man also sucht, da ist man wahrhaftig lebendig.
   
  Michael Ende Bundesschirmherr des 21. Internationalen Jugendwettbewerbs der genossenschaftlichen Banken, KREATIVITÄT, 1991, im Begleitheft:
 

In unserer langen Entwicklungsgeschichte haben wir Menschen zwar die Fähigkeit erlernt, auf Gefahren zu reagieren, die wir sehen, hören und fühlen können, d. h., denen wir unmittelbar gegen überstehen ; was wir offenbar noch nicht allgemein gelernt haben ist, auf Bedrohungen zu reagieren, die wir selbst hervorrufen, die aber erst ein, zwei oder drei Generationen nach uns ihren katastrophalen Charakter offenbaren werden.

Wir zerstören auf törichte und verantwortungslose Weise die Welt unserer Enkel und Urenkel. Sie werden die Zeche zahlen müssen für unser absurdes und egoistisches Verhalten der Natur und ihren schon längst nicht mehr unerschöpflichen Schätzen gegenüber.
Und es wird eine teure, allzu teure Zeche werden, wenn wir nicht sofort zur Vernunft kommen.

 

Dazu müssen wir eine Fähigkeit entwickeln, die Goethe "exakte Phantasie" nannte. Wir müssen lernen, völlig neue Begriffe und Vorstellungen zu bilden oder auch die alten in ganz neue, ungewohnte Zusammenhänge zu bringen. Wir müssen lernen, unser Denken aus seiner bisherigen Starrheit zu erlösen und beweglich zu machen.

Ich bin davon überzeugt, daß fast alle Kinder die Anlage dazu von Natur aus besitzen, und daß sie sie behalten können, wenn sie ihnen nicht mit Gewalt aberzogen wird. Das freie Spiel und die künstlerische Betätigung sind die besten Mittel, um "exakte Phantasie" zu entfalten und zu pflegen. Lassen wir diese Begabung in den Kindern verkümmern, dann werden weder wir, noch die kommenden Generationen die Probleme unserer Zivilisation lösen können.

   
Reinhard Kahl: Die Schule macht dumm in DIE WOCHE 37/2001:

... Der Verdacht, dass Bildung und Erziehung in den industrialisierten Hochburgen im Argen liegen, verdichtet sich, nicht nur in Deutschland. In den USA, in Japan und in England stehen Schulthemen auf den ersten Seiten der Zeitungen. Die Öffentlichkeit wird nervös. Verwahrlosung bei vielen Kindern, nicht nur in den Slums, auch bei denen, deren Eltern vor allem diese eine Antwort haben: "Keine Zeit, keine Zeit!"

Die Beherrschung von Kulturtechniken, die die Schulen vermitteln sollen, lässt zu wünschen übrig. Zugleich verändert sich die Arbeit in einer auf Wissen basierenden Wirtschaft. Routine-Arbeit wird mehr und mehr Maschinen übertragen, den Mehrwert bringen Ideen.

Entlassen unsere Schulen kreative Köpfe? Sind sie nicht anachronistische Kadettenanstalten der Industriegesellschaft, die den Geist häufiger fesseln als beflügeln und immer noch Dienst nach Vorschrift üben?

Der Göttinger Schulleiter und Buchautor
Karl Gebauer sagt: "Immer häufiger haben wir

Kinder, die völlig dichtmachen." Sie scheinen unfähig, sich in andere zu versetzen. Diesen Schülern gelingen auch grundlegende Abstraktionen nicht,wie sie zum Beispiel für einfache Rechenoperationen nötig sind. Es sei manchmal, als würde er mit ihnen wie in einer Fremdsprache reden. Die Schüler verharrten "in desinteressierter Freundlichkeit", beobachtet der Pädagoge.

Man beginnt zu ahnen, was auf dem Spiel steht. "Je kindlicher wir bleiben, desto überraschender unsere Leistungen", sagte der Physiker Douglas Osherhoff von der Stanford University beim diesjährigen Nobelpreisträger-Treffen in Lindau. Und sein Kollege William Phillips, ebenfalls Nobel-preisträger, fügte hinzu: "Gute Wissenschaftler werden nicht erwachsen. Deshalb scheint mir unser Erziehungssystem falsch. Ich habe das Gefühl, dass den Kindern die Neugier aberzogen wird." Kreativität wird von einem kindlichen Kern gespeist, den gelungenes Erwachsenwerden bewahrt und ein Leben lang schützt. Wenn das nicht mehr gelingt, steht nicht nur der Schulunterricht zur Debatte, sondern die Schulkultur. Es geht ums soziale Kapital. ...

12.09.2015
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