Frank Warren, 44, amerikanischer Künstler, avanciert zum Beichtvater der Nation. Bereits vor drei Jahren hat Warren die Website PostSecret.com kreiert, auf der er Postkarten veröffentlicht, die ein persönliches Geheimnis des Einsenders mitteilen. Voraussetzung: Der Beitrag muss anonym und wahr sein. Seither sind Tausende Postkarten bei Warren eingetroffen, 20 davon sucht er jeden Sonntag aus und stellt sie ins Netz. Die Absender gestalten die Karten selbst und teilen so unterschiedliche Geheimnisse mit wie „Ich bin Feuerwehrmann. Ich habe Angst, dass ich eines Tages nicht so mutig sein werde, wie ich es sollte." Oder: „24 Jahre lang habe ich die Beerdigung meines Mannes geplant." Den Wahrheitsgehalt der zum Teil traurigen, lustigen oder bizarren Botschaften („Wenn mein Freund mich schlägt, heult meine innere Feministin. Aber es fühlt sich einfach total geil an.") kann und will Warren nicht überprüfen. Er sieht jede Postkarte als ein kleines Kunstwerk, und „als Kunstwerk kann jedes Geheimnis unterschiedliche Schichten von Wahrheit haben". Reich wird Warren mit seinem Projekt, das inzwischen in Frankreich und Deutschland adaptiert wurde, nicht werden: Werbung ist auf der Seite nicht zugelassen. Im vergangenen Jahr hat er aber immerhin 150 ooo Dollar Spenden gesammelt, die einem Projekt zur Selbstmordprävention zugutekommen.