DEBATTE ÜBER ERDE UND INSCHRIFT  
 
 
Heute stimmt Bundestag über Haackes Kunstwerk ab
Debatte über Erde und Inschrift
  Der Bundestag wird heute über ein umstrittenes Kunstprojekt des Konzeptkünstlers Hans Haacke debattieren und abstimmen. Er will in einem der Reichstags-Lichthöfe Erde, die die 669 Abgeordneten aus ihren Wahlkreisen nach Berlin bringen sollen, wie auf einem Blumenbeet aufschütten und mit der Neon-Inschrift "Der Bevölkerung" versehen (wir berichteten). Diese Idee ist auf Widerstand vor allem bei Abgeordneten der CDU/CSU, aber auch der SPD, FDP und Grünen gestoßen. Rund 150 Abgeordnete unterzeichneten einen CDU-Antrag gegen das Auftragswerk. Ihre Argumente reichen von "Biokitsch" (Antje Vollmer) bis zum Vergleich mit "Blut-und-Boden-Ritualen" der Nazis, den auch der Hamburger Kunsthistoriker Martin Warnke erhoben hatte. Dagegen verwahrte sich Haacke. Seit den 60er Jahren werde in zahlreichen Ländern Erde als künstlerisches Material eingesetzt. Auch gehe es nicht um "Heimaterde", sondern Erde aus den Wahlkreisen. Der 62-Jährige stellte auch klar, er habe die Inschrift als Kontrast zur Widmung im Reichtagsportal "Dem Deutschen Volke" gewählt. Mit seinem Beitrag veranschauliche er Paragraph 3 des Grundgesetzes, der allen Mitgliedern der Gesellschaft, nicht nur der Volksgemeinschaft, gleiche Chancen einräume. Der Kunstbeirat des Bundestages hätte im November mit großer Mehrheit der Ausführung zugestimmt. dpa
 
Braunschweiger Zeitung, 5. April 2000
16.09.2015
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