PROJEKT KÜNSTLERKISTE
 
 LK 13 Schuljahr 2004/05 
   
PROJEKTBESCHREIBUNG   BILDER: Erster Zustand   • Während der Entwicklung   Zustand der Präsentation
   
Letzte Änderung: 07.10.2015  
Die folgenden Ausführungen sind ein Gemisch aus Verlaufsprotokoll und Arbeitspapieren für die 23 Teilnehmer des Leistungskurses mit dem Thema " Seelencontainer, Plastik + Installation". Die enthaltenen Zeitdaten sind reale Angaben des Verlaufs.

AUSGANGSLAGE

Nach kurzer Erläuterung der Grundzüge des Vorhabens ziehen die Kursmitglieder am 19.11.2004 je 2 Lose mit Künstlernamen. Als Hausarbeit wird über die Künstler und ihre plastischen Werke recherchiert, um sich für einen der beiden Ausgelosten entscheiden zu können. (Für ein paar problematische Fälle dürfen nach Rücksprache Künstlernamen ausgetauscht werden.)

Die gesamte Namensliste im Überblick (gewählte Künstlerinnen und Künstler in fetter Schrift):
Andreas Slominski Bruce Nauman Claes Oldenburg Damien Hirst
Anna Oppermann Christo + Jeanne-Claude Edward Kienholz Felix Droese
Bernhard Schultze Franz Ackermann George Segal Jannis Kounellis
Hannsjörg Voth Kiki Smith Magdalena Abakanowicz Thomas Schütte
Jonathan Borofsky Jim Whiting Jean Tinguely Wolfgang Laib
Joseph Beuys Jürgen Brodwolf Nancy Graves Katharina Fritsch
Kurt Schwitters Dieter Roth Mario Merz Sylvie Fleury
Louise Bourgeois Man Ray Markus Raetz Meret Oppenheim
Michelangelo Pistoletto Mona Hatoum Sandra Munzel Niki de Saint-Phalle
Olaf Nikolai Andrea Zittel Pablo Picasso Paloma Varga Weisz
Peter Brüning Christian Boltanski Rachel Whiteread Rebecca Horn
Peter Fischli/David Weiss Robert Rauschenberg Richard Long Rosemarie Trockel

Tony Cragg

Frank Stella

Tom Wesselmann

Eva Aeppli

Das "Gefäß" für die künstlerische Auseinandersetzung mit einer Künstlerperson und ihren Werken ist die KÜNSTLERKISTE. Sie soll mindestens so groß wie ein kleiner Koffer sein. Kartonagen sind ausgeschlossen! Geeignet sind alte Gegenstände, die ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllen müssen.
Beispiele: Hutschachtel, Koffer, Truhe, Tresor, Vitrine, Schränkchen, Schublade, Tasche mit stabiler Form, Holzkiste, Werkzeugkiste, Zinkwanne, Korb, Kiepe usw.
Ein Behälter kann auch verändert werden - auf ein authentisches Objekt mit längerer Geschichte soll allerdings nicht verzichtet werden: also KEIN Neubau!

AUFGABENSTELLUNG
In der Künstlerkiste sollen eigene plastische Gestaltungen zu einem bestimmten Künstler installiert werden, aber NICHT in dessen Gestaltungsweise. Die selbst hergestellten künstlerischen Objekte zielen auf bestimmte Eigenarten des Künstlers, sie kommentieren  und "übersetzen", aber sie imitieren oder kopieren nicht!

Die nächsten Schritte:

Erschließungsphase nach der informellen Recherche
ANKNÜPFUNGSPUNKTE für die Werke der Künstlerperson, für die eine Künstlerkiste entwickeln werden soll.
Protokolliere deine Beobachtungen und Einfälle:
1. Mit welchen Materialien werden die Werke im allgemeinen erarbeitet?
2. Welche Dinge tauchen in den plastischen Gestaltungen als Einzelteile auf?
3. Welche Themen werden angesprochen?
4. Kommen widerstreitende Kräfte zum Ausdruck?
5. Werden dunkle Seiten des Menschen berührt, oder werden sie ignoriert?
6. Welche Empfindungen werden durch ein bestimmtes Einzelwerk angespielt?
7. Notiere deine Assoziationen in Stichworten, wenn du für ein oder zwei Minuten ein fremdes Kunstwerk versuchst kennenzulernen - lass es auf dich wirken, geduldig. Gedankenverbindungen knüpfen sich von selbst, das Anstrengende ist meistens Geduld zu üben und dann auch noch zu beobachten, welche Empfindungen sich bemerkbar machen! Gerade die sind wichtig! Darüber nachdenken solltest du ... später. ! Verstaue deine Notizen zugänglich in der KÜNSTLERKISTE!


Anmerkungen zum Arbeitsprozess
Dieses Projekt wird sich über 5 Monate (incl. Weihnachtsferien) bis in den März 2005 hinziehen. (VORSICHT ZEITFALLE ! Die Motivation darf nicht erlahmen!)
Ich habe deshalb 4 Kontroll-Zeitpunkte vorgesehen:
- 14.01.05 : zum ersten Termin ist eine Arbeit und der Zustand des "Künstler-Atlas" vorzuweisen, außerdem sollen alle 23 Kisten zur gemeinsamen Besichtigung aufgebaut werden.
- 09.02.05 : 1 große Pflichtarbeit, 2 kleine Pflichtarbeiten, (Kürarbeit nicht vergessen?!)
- 14.03.05 : 2 große Pflichtarbeiten, 1 kleine Pflichtarbeit, 1 Kürarbeit
- 08.04.05: die gesamte Künstlerkiste, Fotodokumentation, Künstleratlas; Kurzvortrag mit aufgesetzter Vorstellungsmaske, Handout (s.u.)
Das bedeutet eine Bewertung noch in ersten Halbjahr, drei im zweiten, jeweils vollwertige Noten.
- Die Präsentation (s.u.) ist dabei noch nicht berücksichtigt!

Jede Gestaltungsarbeit kann nur überzeugen, wenn sie mit voller Hingabe verwirklicht worden ist.

Allgemeine Plichtaufgaben
[Legende:
*** = „Große Arbeiten“ | * = „Kleine Arbeiten“ | # = „Plichtaufgaben“]

# Die Kiste (oder ein anderer Behälter) ist so einzurichten, dass alle Objekte untergebracht werden können. Darüber hinausgehende gestalterische Maßnahmen sind eigenverantwortlich zu entscheiden (Kür).

Der Atlas zur Künstlerperson

### Erstelle einen systematisch geordneten Bild- und Textquellen-Atlas zu deiner Künstlerperson. Diese Grundlagenarbeit kann entweder im KUTABU oder auf Extratafeln (Karton) präsentiert werden!

Sammle alle Abbildungen, die du bekommen kannst. Auch artverwandte fremde Bilder, Fotos aus den Printmedien usw., die Verbindungen zu den Themen deiner Künstlerperson aufweisen. (Bei Van Gogh gehörte beispielsweise die Illustration einer Weizenähre aus einem Lehrwerk über die Flora dazu.) Hier zählt Vielfalt und Umfang! Vergiss nicht, die zugehörigen Daten und die genaue Auflistung der Fundstellen. ... sammeln, kopieren, fotografieren, scannen, drucken, auch zeichnen ...

Texte sollten kritisch ausgewählt werden und vom Schriftbild und Umfang her sowie auch inhaltlich lesbar sein! Nur aussagekräftige Ausführungen berücksichtigen und natürlich die biografischen Daten der Künstlerperson in Kurzform.

# Eine kleine Fotodokumentation: 1. Die leere Kiste - 2. im Zustand der Bearbeitung - 3. zur Präsentation im reifen Zustand arrangiert

# 3 der aufwendigeren Arbeiten - unabhängig von selbst gewollten Werken

# 3 kleinere Arbeiten (2 kleinere Arbeiten können durch 2 eigene Vorhaben ersetzt werden)

# Jede weitere Eigeninititive gehört zur Kür, nachdem (!) die Pflichtauflagen erfüllt worden sind

# Stelle zuletzt noch eine einfache Gesichtsmaske mit Mundöffnung aus Karton her, die du aufsetzt, wenn du uns deinen Künstlerkoffer präsentierst und erläuterst

Die einzelnen Aufgaben

Wähle aus dem Katalog, was du für deine KÜNSTLERKISTE künstlerisch umsetzten willst:

*** Gestalte ein altes Buch zu einem Kunstobjekt um. Verfremde es im Gedenken an die Künstlerperson. Das Buchobjekt enthält deren künstlerisches Potential, bleibt aber nach deiner Gestaltung für alle Zeit unzugänglich

* Stelle für die Künstlerperson einen besonderen Ehrenring her!

* Zeichne ganz penibel den Bauchnabel der Künstlerperson, um zu beweisen, wie nah du ihr gekommen bist. Die Zeichnung rahmen oder auf eine Tafel aufziehen, evtl ausschmücken ??

*** Sticke ein typisches Werk auf ein kleines Kissen, du kannst auch selbst einen Bezug nähen. Keine Einkaufstasche aus Nessel, besser ist ein gemusterter Hemdenstoff

* Fiktive Proben vom Ort der Geburt der Kunstwerke. Mit Informationstexten an den Probenbehältern

* Ein wenig Alchemie: Ein Glas mit Schraubverschluss. EIN WECKGLAS, das die Künstlerperson speziell für dich gefüllt hat!

** (kommt auf den Inhalt an) Flaschenpost mit Fragen an die Kunstwerke. Fragen an den Künstler sind bei Bedarf auf anders gefärbtem Papier niederschreiben! Jeweils auf einem einzigen schmalen Streifen in einer Linie gut lesbar in Handschrift

Künstliche Spurensicherung: auf einer Tafel die benutzen Arbeitshandschuhe der Künstlerperson präsentieren, mit Namen der Trägerin/des Trägers, Fundortangabe und besondere Begleitumstände

*** Baue das Spielzeug, das die Entscheidung für den künstlerischen Weg deiner Künstlerperson beeinflusst haben könnte

* Erfinde für ein Kinderbuch eine kurze Geschichte zu einem Werk deiner Künstlerperson und illustriere die Geschichte

*** Bilde ein plastisches Werk als Linoldruck ab und spiele verschieden Farbvariationen durch, indem du sie nachträglich übermalst

* 2 Fotos, die dich vor neutralem Hintergrund zeigen! A) in Andacht vor deinem Lieblingswerk der Künstlerperson B) erschreckt vor einem Werk, das dir nicht behagen will

* Gipsabdruck einer Fußspur, die deine Künstlerperson in feuchter Erde hinterließ, als sie eigene Wege ging ... mit beschriebener/bemalter Schutzschachtel

* Baue einen Schuber für dein Kunsttagebuch, das Bilder und Aufzeichnungen des Entstehungsprozesses der KÜNSTLERKISTE enthält.

* DAS WARTEN - In Wolfenbüttels Langer Herzogstraße das eigene Warten mit Künstlerkoffer inszenieren und sich fotografieren lassen. Ein einziges ausgewähltes Bild mit einem gedruckten Bildtext versehen, der einen Zusammenhang mit der Künstlerperson herstellt, natürlich möglichst pointiert und gerahmt

* Nimm das Aussehen deiner Künstlerperson an (verkleiden, schminken) und fotografiere dich in einem Passfotoautomaten!

* Wo hat die Kunst deiner Künstlerperson vermutlich ihre Wurzeln? Prüfe Bezüge zur Bilder-Schau zur Malerei des 20. Jh. (SCHÜLERSERVICE) und imitiere mit Bleistift beispielsweise ein paar vergilbte Fotos, Zeitungsberichte o.ä., die in einer Streichholzschachtel aufbewahrt werden. Vielleicht entlarvt dieses Schächtelchen auch künstlerische Fehltritte?

**(*) Schnitze aus einer großen rohen Kartoffel das Porträt deiner Künstlerperson auf einem Sockel. bemale die Kartoffelbüste mit Acrylfarben nach 3 Stunden Wartezeit und ein 2. Mal nach 3 Tagen. Auch dieses gute Kunststück braucht eine Garage!

*** Erstelle ein Acrylgemälde von einem Werk deiner Künstlerperson. + Bitte eine freundliche Person, dich zu zeichnen, wenn du das Gemälde gestaltest! Die Gastzeichnung (A5 - A4) soll signiert sein, mit Datum, Zeit- und Ortsangabe versehen und golden gerahmt werden

*** Entwickle eine Gebrauchsanweisung für den Nachbau eines Objekts deiner Künstlerperson. Erstelle dazu eine Explosionszeichnung auf einem gefalteten A2-Blatt. Erläuterungen sind an passender Stelle in Druckbuchstaben von eigener Hand zu integrieren. Titel, Daten von Werk, Künstlerperson und dir dürfen nicht fehlen

*** Male einen Traum deiner Künstlerperson mit Lackfarbe, Ölfarbe oder in Terpentinersatz gelösten Wachsstiften (ACHTUNG! NUR BEI GUTER DURCHLÜFTUNG! SONST GESUNDHEITSSCHÄDLICH!) ohne Vorzeichnung (!) auf eine Hohlform aus Papier

* Metamorphose eines Werkteils, phasenweise in einem Rollbild aufgezeichnet

* Umsetzung eines wichtigen Werkes der Künstlerperson in ein sehr sorgfältig geschnittenes Fensterbild aus farbigem Karton (alternativ 5 kleine als Weihnachtsbaumschmuck)

*** Stelle Bezüge zu einem zeittypischen Tagesereignis her, das in einem Nachrichtenmedium thematisiert worden ist, der Artikel ist als realer Gegenstand einzubeziehen. - Vorschläge für die Formgebung: einen bestimmten Objektrahmen (Rahmen mit Objekten bestückt) für diesen bestimmten Presseartikel herstellen, eine Kapsel oder eine Mappe, die wie ein mittelalterlicher Buchdeckel gestaltet ist, auf dem Metall, Steine, Haut (Leder) verarbeitet worden sind. Die Gestaltung bewegt sich in einem Spannungsfeld, das zwischen DIR, deiner KÜNSTLERPERSON und dem aktuellen THEMA des Zeitungsberichts wirksam ist

Weitere Ansätze, SPLITTER, vielleicht Impulse für Ideen: • Form mit Salzteig backen • Modellbaubogen für ein plastisches Kunstwerk • Kette aus Objekten (Persiflagen) zum Umhängen • Bildtafel mit dem Rebus eines zu einem Kunstwerk assoziiertem Begriff - oder des Titels • MAILART zur Künstlerperson hin und her schicken, um andere Menschen einzubinden • Silhouetten als SCHATTEN-STAPEL • Transparentpapier • Drahtplastik • Schraubzwinge • Sperrholz, Laubsäge ... ein fiktives Interview auf Hörkassette (18.12.2004) ...

Die abschließende Präsentation
stellt die eigene Arbeit im konzeptionellen Gesamtzusammenhang vor. Sie selbst ist damit Gegenstand einer weiteren Gestaltung! [Der Ort kann aus Zeitgründen nicht mehr gewählt werden! 18.03.2005 (ursprünglich war geplant, dass jeder Kursteilnehmer den Ort seiner Präsentation selbst bestimmt, auch außerhalb des Schulgeländes)] Erscheinung und Gestaltungsweise, Form, und „Farbigkeit“ können als Ausdruckswerte begriffen werden. Sie ist außerdem die Gelegenheit, deine Reflexionen in Verbindung mit dem Projekt darzulegen und kann versuchen, die zurückliegenden Denk- und Handlungsprozesse kritisch zusammenzufassen.
Wenn du deine Gesichtsmaske aufgesetzt hast, folgt deine .... 5 Minuten Vorstellung (Änderung vom 18.03.05, ursprünglich länger geplant)

Konzept für ein Handout

Was habe ich neu erfahren und erkannt
1. im Hinblick auf die Kunst meines Künstlers in Form und Thematik?
2. im Hinblick auf künstlerische Gestaltung im Allgemeinen?
3. in persönlicher Hinsicht
- auf meine Reaktionen?
- auf meine Gedanken?
- auf meine Gefühle?
4. Eigener Kommentar

Bitte mehr als 1 A4-Seite nutzen, um zusätzlich wichtige Aussagen und Differenzierungen darzustellen, für die in der unumgänglichen Kürze keine Zeit bleiben wird !!!
Diese Papiere sind 24fach kopiert vorzulegen und gehören dann gesammelt in die Künstler-Kiste!
Die schulinterne Ausstellung wird das Finale sein.

Mehr Anregungen bieten vielleicht noch die ehemaligen Angaben zur Präsentation, die jetzt aber nicht mehr verpflichtend sind:
"Gehe auch auf folgende Aspekte argumentativ ein:
- Inwiefern warst du emotional am Projekt beteiligt? Kannst du einen „emotionalen Rhythmus“ während der Arbeitsprozesse wiedergeben?
- Wie lief deine Arbeit insgesamt ab?
- Welche Schwachstellen in Bezug auf das Projekt und deinen Umgang damit hast du bemerkt?
- Was ist eigentlich das Kernthema der Kunst deiner Künstlerperson?
- Worin besteht insgesamt die künstlerische Gestaltung der Werke deiner Künstlerperson?
- Wie schätzt du im Nachhinein die Möglichkeiten des Projekts ein, neue Erfahrungen und Erkenntnisse zu gewinnen?
- Wem würdest du wünschen, die hinter dir liegende Arbeit in gleicher Weise leisten zu müssen?"

GUTES GELINGEN !

© Randig 13.04.2005 Änderungen vorbehalten
[Die Ausführungen dürfen auch in Teilen nicht unerlaubt für kommerzielle Zwecke genutzt werden]
 
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