HEINRICH-NORDHOFF-GESAMTSCHULE WOLFSBURG  KLAUSUR Süßer Brei 13 LK
Rainer Randig - KU 344 “AUGENBLICKE”  2000/01/1    1-4 Std.  20.11.2000
VORGESCHICHTE: Mehrere praktische Arbeiten, die inhaltlich verknüpft mit unterschiedlichen Erscheinungs- bzw. Wandlungsformen einer erfundenen “Kunstschnecke” (Metapher für eine künstlerische Existenz); Eigenständige Umsetzung des chinesischen Gleichnisses “Die Wachtel und der Vogel Rock”, in dem sich zwei verschiedene Wandlungsformen von Leben begegnen, in einer reflexiven Textgestaltung. Theoretische Erschließung der “Rückkehr” von Magritte (Taubensilhouette über einem Nest auf dem Fenstersims); elementarer Analyseschlüssel Form - Farbe - Figur.

AUFGABENSTELLUNG:
PRAKTISCHER AUFGABENTEIL:
Gestalte im Format A3 ein Bild, das sowohl auf das Märchen “Der süße Brei” als auch auf die Prospektabbildung eingeht. Beide befinden sich auf dem
Arbeitsblatt 1.
Verwende für die künstlerische Gestaltung schwarze Zeichenkreide, Deckweiß und schwarzen Fineliner.
Der Bildausschnitt  bzw. die Bildkomposition sollte großzügig und entschieden angelegt werden, denn die praktische Ausführung hat ihrem künstlerischen Eigenwert Rechnung zu tragen. Überlege, ob für eine unkonventionelle ausdruckskräftige Bildäußerung ein stark vergrößertes Motiv oder eine Fernsicht zu wählen ist.
Um einen Einstieg zu finden, werden mehrere schnelle, kleine Skizzen empfohlen, auf deren Grundlage sich die eigentliche Bildarbeit entwickeln kann.

- Zuvor sind jedoch Text- und Bildvorlagen gründlich zu studieren...

SCHRIFTLICHER AUFGABENTEIL:
Erläutere kurz deine Konzeption für die bildnerische Umsetzung. Gehe dabei auf die Verknüpfung vom Märchen, von der Abbildung des Weihnachtsgebäcks, von dir und deinem eigenen Bild ein.
Zeige auf, welche beiden wichtigen
Aussagen Baselitz über sein Bildermachen äußert. Lassen sich Bezüge zu deiner eigenen Bildarbeit erkennen?

HINWEISE:
- Orientiere dich an einem sinnvollen Zeitplan!
- Der Schwerpunkt der Arbeit liegt im praktischen Teil, etwa 3/5 Praxis - 2/5 Text.
- Begründe und belege Deine Feststellungen und Meinungen gewissenhaft.
- Reserviere jeweils rechts einen Korrekturrand!
- Kennzeichne jedes Blatt mit Deinem Namen
und fortlaufender Seitenzahl!

MATERIALIEN:
- Schwarze Kreide und Fineliner, Deckweiß, Pinsel, Zeichenpapier A3
- Arbeitsblatt 1 mit einer Abbildung aus einen Werbeprospekt, etwa vom 10. November 2000, und
- dem Märchen “Der süße Brei”
- Arbeitsblatt 2 mit einem Zitat aus dem Baselitz-Interview in focus 4/1998
- Schreibgerät und Papier A4
Vgl. 13 T 300 Süße Bildgeschichte 07.12.2007
Arbeitsblatt 1
Der süße Brei
Es war einmal ein armes frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wusste seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt' es sagen: »Töpfchen, koche«, so kochte es guten süßen Hirsenbrei, und wenn es sagte: »Töpfchen, steh«, so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, sooft sie wollten.
Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter: »Töpfchen, koche«, da kocht es, und sie isst sich satt; nun will sie, dass das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immer zu, die Küche und das ganze Haus voll, und das zweite Haus und dann die Straße, als wollt's die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht nur: »Töpfchen, steh«, da steht es und hört auf zu kochen; und wer wieder in die Stadt wollte, der musste sich durchessen.
 
Gebrüder Grimm
 
 
Auszug aus dem Baselitz-Interview in focus 4/1998 Arbeitsblatt 2
INTERVIEW “Künstler sind asozial” Georg Baselitz wird 60 …  
“... Die .. [Manieristen] Pontormo und Parmigianino waren wichtig für mich.
Focus:  Warum?
Baselitz: Die Manieristen benutzen keinen Naturvergleich in ihrer Arbeit, sondern die Phantasie. Ich mache das genauso, ich schaue auf die Kunstgeschichte, nicht auf die Natur.
Focus: Sind Sie ein konzeptueller Künstler?
Baselitz: Ja, ich verwirkliche eine Idee durch ein Konzept, das wenige Fragen unbeantwortet lässt.
Focus: Genießen Sie den Luxus, den Sie sich heute gönnen können?
Baselitz: Nein. Ich kann nicht genießen, weil ich mich langweile, wenn ich nicht arbeite.
Focus: Sie leben in einem Schloss. Sind Sie ein Malerfürst?
Baselitz: Autorität habe ich keine. Ich sage immer, Künstler sind asozial.
Focus:  Wirklich?
Baselitz: Schließlich sind meine Bilder schlechte Unterhalter. Ich brauche keine demokratischen Mehrheiten im Atelier, und trotzdem meinen die Leute nach wie vor, sie könnten mitreden - in der Art wie: “Das kann meine Tochter auch.”
FOCUS:  Stören Sie diese Kommentare?
Baselitz: Nein. Nichts anderes habe ich schließlich herausgefordert. Ich habe das Bild, das bis dahin galt, nicht akzeptiert und statt dessen mein eigenes aufgehängt. Es ist ja böse, einen Wert, der vorhanden ist, zu vernichten.
Focus:  An seine Stelle tritt ein anderer Wert...
Baselitz:  Ja. Wenn ich ein Bild mache, entwerfe ich ein neues Ornament. Um aufzuregen, damit im Kopf wieder etwas stattfindet. Um den müden Augen neue Wege zu zeigen.
 
INTERVIEW: EVA KARCHER