ZUR ARBEIT IN DER AUSSTELLUNG BLAST TO FREEZE KUNSTMUSEUM WOLFSBURG
Material Jeff Wall
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Aus dem Aufsatz Jeff Wall - Inszenierte Photographie von Harald Klinke (Institut für Kunstwissenschaften, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe):

"... deutlich wird das bei einem Bild, das eine Außenaufnahme zu zeigen scheint, die in Wahrheit im Studio aufgenommen wurde, um die genannten Faktoren kontrollieren und simulieren zu können: Dead Troops Talk (1992). Auf einem sandigen Hang liegen Soldaten gruppiert, teils tot, teils blutverschmiert im Sterben. Verstreute Waffen, abgerutschtes Geröll und Lachen von Blut zeugen von einem vorausgegangenen Kampf. Der Schrecken auf den Gesichtern der Männer, die toten Körper und die Zerstörung um sie herum zeigt die Unmenschlichkeit, zu der Menschen fähig sind und macht dieses Bild zu einem Antikriegsmonument.
Wall und seine Mitarbeiter konstruierten im Studio einen Hügel, nahmen jede Gruppe von Soldaten getrennt auf und setzten sie digital zum diesem Monumental-Kriegsbild zusammen. So wie hier benutzt Wall seit den 90er Jahren Computer, als Instrument zu Bildveränderung, um das Bild effektiv nach seinen Vorstellungen bestimmen zu können. Aber er stellt mit dem digitalen Hilfsmittel nur das dar, was in der Realität möglich ist. Anders als heute noch in Hollywoodfilmen, benutzt er solche Spezialeffekte nicht, um uns mit den Möglichkeiten dieser Technik zu beeindrucken, sondern als eine andere Technik des Bildermachens.
Zitat Jeff Wall, 1994:
One paradox I have found is that the more you use computers in picture-making, the more ‘hand-made’ the picture becomes.
Diese Kontrolle über die Bildinhalte rückt die Fotografie sowohl näher an die Malerei, als auch an den Film heran - eben auch in der Produktion. Dazu gehört auch die Aufgabenverteilung in der Produktion, d.h. Jeff Wall ist nicht mehr unbedingt am Auslöser der Kamera, sondern hat einen Kameramann angestellt, der nach seinen Anweisungen arbeitet.
Eigentlich sind wir mit solche Arbeits- und Darstellungsweisen vertraut durch das Kino. Im Foto erscheint es uns aber als ungewohnt."
Der ganze Aufsatz: Klinke, Harald: Jeff Wall. Inszenierte Photographie, 2000, users.hfg-karlsruhe.de/~hklinke/archiv/texte/sa/wall.htm, abgerufen: 14.10.2015 19:04:23

Der zitierte Auszug vermittelt Informationen über die Enstehung des Leuchtkasten-Bildes (s.u.). Seltsamerweise geht der Autor nicht auf die Irritationen im Bild ein, die das Werk entscheidend als Kunstwerk aktivieren. - Die Untersuchung einer brilliant gedruckten Reproduktion kann auf dieser Website nicht ersetzt werden. -
Dead Troops Talk (A Vision After an Ambush of a Red Army Patrol Near Moqor, Afghanistan, Winter 1986) 1991-92 (rechts ein Ausschnitt)

Link zu einer Abbildung:

http://images.tate.org.uk/sites/default/files/images
/jeff%20wall%20dead%20troops%20talk.jpg


In der Wolfsburger Ausstellung war der Auslöser für die Idee, "Dead Troops Talk" als Vergleich heranzuziehen, das Gemälde von Henry Lamb: IRISH TROOPS IN THE JUDEAN HILLS SURPRISED BY A TURKISH BOMBARDMENT, 1919.
Das seltsam ins Irreale gerückte Bild wäre dahingehend zu untersuchen, wie es menschliches Schicksal gestaltet und ob es neben der Lust an der Form etwas in Gang bringen kann, das über die Erzählung eines Ereignisses hinausgeht (vgl. Jeff Wall). Außerdem reizt die Frage: Liegt hier etwa eine Vorstufe virtueller Realität vor?
Bildquelle:
http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/ARTlamb.htm (2002)

 

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