DAS PLÜSCH-PROJEKT
  KUNST-Grundkurs 12G7, 1. Hj. 2005-2006  
03.09.2006
 
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7. Aufgabe: Zeichne deine Plüschplastik mit Zeichenfeder und schwarzer Tusche. Kombiniere die Figur mit einem Gegenstand, der eine wissenschaftliche Arbeitsweise repräsentiert.

Zur dieser Aufgabe haben Zeichnungen Kelleys geführt, die den Fotos rechts ähneln.
Während für den Grundkurs die Bildwürdigkeit der verfremdeten Figuren eigentlich keine Frage mehr ist, wird anfangs die Handhabung der feinen Zeichenfeder ab und zu als Problem empfunden,

da die wenigsten Kursteilnehmer des Grundkurses geübte Federzeichner sind. Diese handwerklichen

 

Schwierigkeiten werden - wie erwartet - schließlich doch bewältigt. Im Nachhinein betrachtet haben sie eher die Intensität der Darstellungen weiter erhöht.

Die kritische Reflexion der Kontext-Fotos ist zeitbedingt zu kurz gekommen. Insofern wäre vielleicht ein verkürztes Konzept doch überzeugender gewesen. Andererseits hat sich die zeichnerische Arbeit schlüssig über die Auseinandersetzung mit Mike Kelleys Werken entwickelt und spiegelt abschließend die eigenen Plüschplastik - handwerklich intensiviert.

     
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DIASHOW von 2006
 
 
Schlussbemerkungen
Die Bezeichnung "Projekt" wird hier mehr im Sinne von "Vorhaben" gebraucht, denn die Kursteilnehmer haben ihre Untersuchungen und praktischen Arbeiten nicht vorwiegend selbst suchend ausgerichtet.
Der Kern besteht vielmehr aus der Konfrontation mit Klischee-Vorstellungen und ihrer exemplarischen Brechung („Zur Kenntlichkeit entstellen“ nach Brecht. Eine schnelle und eindeutige Verständlichkeit, die für den Betrachter bequem wäre, ist in seinem Sinn nicht mit einer künstlerischen Äußerung vereinbar.)
Der "Plüschansatz" bietet "Stoff" für ein Kurshalbjahr. Da er mit Anteilnahme, Reflexionsfähigkeit und gestalterischen Möglichkeiten von Lernenden der 12. Jahrgangsstufe zusammentrifft, war es ein Vergnügen, den Unterricht zu erfahren und hier - trotz notwendiger Kürze - wiederzugeben. Die Frage der abschließenden Präsentation / Veröffentlichung entsprechend der "Kelley-Planeten" ist bisher noch nicht beantwortet worden.
Diskussionswürdig könnte die Entscheidung sein, von der plastischen Tätigkeit wieder zurück zur zweidimensionalen Bildproduktion zu gehen. Doch die Spiegelung der eigenen Plastik in einer aufwendigen Federzeichnung hat auch aus der Rückschau ihren besonderen Reiz nicht verloren, die teilweise "befremdlichen" Erscheinungen in eine klassische ästhetische Darstellung zu transformieren. -
 

Am Ende des Projekts äußerten manche Kursteilnehmer, ihnen sei ihr Konstrukt "ans Herz gewachsen", ob daneben dennoch ein kritisches Bewusstsein der Bedeutungszusammenhänge besteht, ist nicht geprüft worden.
Besonders schlüssig erscheint die Sinnhaftigkeit der künstlerischen Gestaltungsarbeit : Betroffenheit durch eigene (Kindheits-) Erfahrungen / nachvollziehbare gesellschaftliche Bedeutungszusammenhänge / materialbetonte sinnliche Handarbeit / Verfremdung, kunstgemäße Verrückung im Gestaltungsprozess und ihre Konsequenzen für Empfindung und Denken / Ästhetik als Zusammenklang von formalen und inhaltlichen, auch von subjektiven und allgemeingültigen Gesichtspunkten, von Ambivalenzen, Schwebezuständen beispielsweise, als besondere Unterscheidungsform zum realen Leben / Kunstarbeit als erfahrbare Gemeinsamkeit von Reflexion und Empfindung ...
In diesem Unterrichtsbeispiel erfahren die Lernenden also sowohl die komplexe künstlerische Bearbeitung eines bestimmten Themas als auch ihre Wirksamkeit, die den Kern der künstlerischen Arbeit ausmacht.

Mein Fazit ist kurz - und ohne Rücksicht auf die Vorgaben für das Zentralabitur: Besonders empfehlenswert !

Rainer Randig

       
 
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  05.10.2015 neu arrangiert