• Unterrichtsmaterial Sek II
Bilder-Schau zur Malerei im 20. Jahrhundert
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69. J. Johns
(American Flag)
Aber was ist die sinnlich wahrnehmbare Realität? Jasper Johns stellt sich das Problem so, indem er auf einem Fahnentuch malt: Ist das die amerikanische Flagge, ist es «Amerika», ist es ein Bild, aus den Elementen der amerikanischen   Flagge   komponiert, ist es ein Abbild der amerikanischen Flagge?


70. Warhol (M. Monroe)
Noch deutlicher wird die Problemstellung bei den uns von den Massenmedien, also Zeitungsillustrationen, Fotografien, Reklamen oder von Film und Fernsehen her bekannten Bildern, die um die ganze Welt gehen: einerseits bürgt z. B. Klischeehaftigkeit dafür, dass wir alle eine bestimmte Person erkennen, dass also eine optimale Kommunikation gesichert ist, andererseits nimmt gerade der manipulierbare, klischeehafte Gebrauch dem Dargestellten jede Persönlichkeit: er wird zum Ding.


71. Oldenburg
Dass Dinge des Alltags für uns eine viel grössere und echtere Kommunikationsmöglichkeit anbieten als traditionelle Bildmotive wie Trauerweiden oder Engelchen, proklamieren PopKünstler wie der Amerikaner Claes Oldenburg.


72. Rauschenberg
Aus den verschiedensten Verständigungsmitteln setzt Robert Rauschenberg seine Werke zusammen, man kann darin lesen, Bilder erkennen, Gegenstände betasten, abstrakte Farbstimmungen   rleben: die Aufnahme solcher Werke entspricht der Art, wie wir im Alltag unsere Umwelt erleben, die wir ja auch nicht nur durch die Augen aufnehmen.


73. Diter Roth
Jeder Gegenstand hat andere Bedeutungen, je nachdem, wer ihn ansieht. Mein Lieblingsstuhl hat für mich eine andere Bedeutung als für einen zufälligen Besucher. Schokolade erinnert in der Farbe an Exkremente, für den, der sie liebt, ist es ein Leckerbissen. Essen und Aussondern - sich Einverleiben und bearbeitet wieder Abgeben - das macht der Künstler, das machen auch wir, wenn wir ein Buch lesen und es einem andern erzählen. Und das Produkt ist ebenso flüchtig wie Schokolade.


74. Kosuth
Immer deutlicher tritt angesichts der neuesten   Kunstwerke ins Bewusstsein, dass alles, was einer gestaltet, nie etwas Absolutes, für alle, überall und zu jeder Zeit Gültiges sein kann. Auch die alte Kunst sehen wir heute mit anderen Augen als zur Zeit ihrer Entstehung. Unsere Wahrnehmung ist auf jeden Fall zu einem grossen Teil subjektiv; in der Kunstentwicklung drückt sich das aus, indem die Künstler nur noch Seh- oder Denkimpulse geben und die eigentliche Ausführung des Werkes sozusagen in die Innenwelt jedes einzelnen Betrachters verlegen, wie es die Konzeptkunst tut.


75. Smithson
Auch die sogenannte Land-Art wehrt sich dagegen, dass das Kunstwerk ein Ding sei, das beliebig verpflanzt und auch beliebig veräussert - Stichwort: Kunst als Ware - werden kann. Ihre Markierungen, Symbole oder Zeichen beziehen die Land-Artisten auf eine einmalige natürliche oder jedenfalls räumlich fixierte Situation. Das scheint bezeichnend für alle Kunst seit der Pop-Art, dass sie nicht mehr daran glaubt, eine alles umfassende Weltanschauung ausdrücken zu können. Wir selber können ja unser durch die Informationsflut immer komplexer werdendes Wissen von Welt und Universum nicht mehr unter einen Hut bringen. Wir - wie die Künstler - begnügen uns mit der Kenntnis von Teilaspekten, speziellen Situationen. Die neueste Kunst bezieht sich meist auf einen   einzelnen Aspekt, eine räumlich, zeitlich, psychisch, gesellschaftlich bestimmte Situation.

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