ZUR ARBEIT IN DER
AUSSTELLUNG BLAST TO FREEZE
KUNSTMUSEUM WOLFSBURG
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LUCIAN FREUD: GIRL WITH FIG LEAF
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Zum Wandel der Sichtweise
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ein Kombinationsspiel:
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Natürlich springt die ikonographische
Abstammung ins Betrachterauge und, obwohl das Schamblatt vor das Gesicht
verschoben ist, lässt sich wieder einmal "Kein Bild ohne Vor-Bild!"
konstatieren. Durch diesen Rückgriff auf den christlichen Mythos
zeigt sich das Bild als weitere Schnittstelle von Tradition und Wandlung. Betrachtet man zunächst die Radierung
allein, fällt besonders das Spiel der Strukturen in der Blattform
auf. Anders als beispielsweise in Dürers Kupferstich "Sündenfall"
verselbständigen sich in diesem Bild Freuds grafische Strukturen
zu Inseln im Blatt. So ist hier die Frage der Form in zweidimensionalen
Bildern angesprochen, die in der Ausstellung bereits mit der vortizistischen
Willenserklärung im 2. Jahrzehnt beginnt und im 9. Jehrzehnt endet,
wenn Art & Language ihre Gestaltungsweise radikal von Bild zu Bild
wechselt, um zu stimmigen Artikulationen zu kommen. Trotzdem sind die
Einzelwerke der Gruppe allesamt in einem Punkt einig, denn sie provozieren
und spiegeln unsere gutgläubige Wahrnehmung der Welt. Die Wechselwirkung
zwischen Gestalt und Idee wird im Einzelfall jeweils neu gefunden und
ist nicht unbedingt stilistisch vorgeprägt. In Freuds unauffälligem Bild wird jedoch das Sehen selbst so ausdrücklich anschaulich gemacht, dass es bei mir den Eindruck erweckt, als stünde es im Zentrum des wirbelnden 20. Jahrhunderts. Ein Innehalten, das auf Erkenntnis wartet, passt 1947 eben nicht nur in die Kunstszene. Die neue Selbstbesinnung einer jungen Frau - eine erneute Selbst-Bewusstwerdung der Eva? |
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