ZUR ARBEIT IN DER AUSSTELLUNG BLAST TO FREEZE KUNSTMUSEUM WOLFSBURG
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Zwei Bilder am Ende des Zweiten Weltkriegs
oder von der Schwierigkeit, ein gutes Werk zu finden

Wenn schon zwei Bilder eines Malers nebeneinander ausgestellt sind, wenn sie gleich auf den ersten Blick sowohl verwandte Elemente als auch deutliche Unterscheidungsmerkmale erkennen lassen und wenn beide zeitlich dicht nacheinander entstanden sind, scheint ein Vergleich besonders lohnend zu sein.
Paul Nash: ECLIPSE OF THE SUNFLOWER. 1945.
(Verfinsterung der Sonnenblume)
Paul Nash: BATTLE OF GERMANY. 1944. Ausschnitt
> Katalog Tafel 91 und 92

Beide Arbeiten sind wie MENIN ROAD (Seite 4) von Paul Nash.
Selbst wenn sich noch etwas Weltumfassendes im BATTLE OF GERMANY andeutet, verschwinden unter der abstrahierten Oberfläche gelinder Farbflächen gerade die Ausdruckswerte, die den Betrachter im Zusammenhang mit dem titulierten Thema direkt treffen könnten. In der ECLIPSE OF THE SUNFLOWER hat Nash ein Jahr später diese erstarrte Formsprache überwunden: da ist die obere dunkle Form nicht nur als Sonnenblume erkennbar, und das Bild ist nicht nur entrückt, sondern es geht auch den Betrachter näher an. Analog dazu gibt der Titel die Richtung auf ein Thema vor, das verrätselt in der Tiefe bleibt und sich nicht einfach "schildern" lässt. - Dennoch vermittelt sich "zwischen den Zeilen" die Ahnung, hier ginge es nun wirklich um eine kosmische Verdunklung, freilich im übertragenen Sinne.
Die Bilder sind aus kunstpädagogischer Sicht didaktische Feinkost, denn der angesprochene Unterschied lässt sich als künstlerischer Qualitätssprung plausibel einkreisen. Obwohl beide Bilder (im Original) fast die selben Farbtöne aufweisen, wirkt BATTLE ungewollt seelenlos. Dagegen ist in der ECLIPSE beispielsweise der Wechsel zwischen malerischer Farbraummodulation und der konkreten Anspielung (Sonnenblumen) bestimmend. Die entstandene räumliche Verwindung und inhaltliche Ambivalenzen, die über unvollständige Veranschaulichungen gefunden worden sind, fordern den Betrachter heraus an dem düsteren Rätsel Anteil zu nehmen.
Nimmt man das Kunstvergnügen ernst, ist die Mühe unumgänglich, denke ich, mit Empfinden und Geist das Einzelwerk persönlich sorgfältig auf die Probe zu stellen. Vergleichsmöglichkeiten (bzw. Erfahrungen) erleichtern die Arbeit herauszubekommen, was ich mit einem Kunstwerk jeweils anfangen kann. - Dazu eine Randbemerkung ohne Link: Mit Nashs ECLIPSE bietet sich übrigens über BLAST TO FREEZE hinaus ein interessanter Vergleich mit Kiefer (THE SECRET LIFE OF PLANTS, Sammlung Kunstmuseum) und natürlich mit van Goghs Sonnenblumenbildern an. -
Im Anschluss wird noch ein weiteres Beispiel vorgestellt, das vielleicht nicht jeder Ausstellungsbesucher schnell entdeckt hat, da das kleine Kunststück etwas versteckt präsentiert ist.

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