Protokoll der 3. Zusammenkunft der Arbeitsgruppe Sammlung im Kunstmuseum Wolfsburg

Leitung: Prof. Stielow
Datum: 14.08.2001
Zeit: 16.00-18.30 Uhr
Protokoll: Ilka Müller

I. Erste Annäherung an das Werk (Beispiele aus dem Brainstorming):

1. Sprachlicher Ansatz: Titelbezug - Zugang zum Werk "20 Jahre Einsamkeit" über den Titel als herkömmlicher Weg der Rezeption
2. Visueller Ansatz: Einlassen nur auf optische Reize des Werks

II. Wie gehen SchülerInnen der Mittelstufe mit dem Titel um?

- Kiefers Werk umfasst eine Zeitspanne von 1971 - 1991, der Künstler wurde 1945 geboren, dem-nach begann mit 26 Jahren die Einsamkeit
- LehrerInnen-Schülerinnen-Differenz beachten: Schülerinnen haben noch keine Erfahrung mit sol-chen Zeitspannen, so dass die Frage, was bedeuten 10 Jahre Einsamkeit angemessener erscheint als Einstieg in die Einheit, zudem verfügen Schülerinnen über keinerlei Erfahrung mit "künstleri-scher Einsamkeit" in Bezug auf misslungene, gescheiterte Bilder

III. Schul-, Alltagserfahrungen der SchülerInnen als Basis nehmen für die Annäherung:

- Sich ausgeschlossen, unverstanden fühlen; Isolationserfahrung, Scheitern, Misslingen, Enttäu-schungen thematisieren
- Scheitern, Misslingen, Fehlversuche positiv als Lernprozesse verstehen als 1. Lernziel und Kunstbezug
- Lernprozesse und -wege wichtiger als Lernergebnisse nehmen erfordert Umdenken in pädagogi-scher Hinsicht z.B. das Bewerten der Beschreibung von Lernwegen ( beispielsweise künstlerische Arbeitsprozesse dokumentieren) statt nur der Endergebnisse
- Reflexionsvermögen der Schülerinnen über Gestaltungsprozesse schulen, ein Bewusstsein für nicht lineare Lernwege, Sackgassen und Fehler entwickeln lernen
- Beispiele/Beobachtungssituationen für Prozesshaftigkeit des Lernens: allgemein: Sport (Übungen, wiederholte Versuche bis zum optimalen Ergebnis), Jagd (Tierverhalten), Wachstumsprozesse; Literatur - Überarbeitung von Texten durch Schriftsteller wie Kafka; kunstbezogen: Farbtöne mischen
- Mögliche Schreibaufgabe: "Beschreibe, wie du Schwimmen gelernt hast", um die Reflexion von Lernprozessen zu üben
- Mögliche Gestaltungsaufgabe in Klasse 11: Heute malen wir einen Schneemann, der gerade nicht so aussieht, wie wir ihn uns vorstellen!" um verschiedene Zugangsweisen, das Erfinden immer "neuer Bilder" durch den Künstler das Durchbrechen von Klischees und Finden von Problemlösungen zu verdeutlichen

IV. Konkrete Arbeit mit dem Objekt "20 Jahre Einsamkeit" verknüpfen mit dem sprachlichen Vorlauf zur "Prozesshaftigkeit":
Mögliche Bedeutungen der verwendeten Materialien aufdecken:
- Sonnenblumen: Wachstumsprozesse, "Scheitert die Natur, selbst wenn die Sonnenblume abstirbt?", Naturprozesse und Lebeinszusammenhänge aufdecken anhand der Bedeutung des Samenkorns
- Erdreich: Wachstumsprozesse, Nährboden für Sonnenblumenkerne und Gewächse
- Schlange, Schöpfungsgeschichte, Erkenntnis- und Lernprozesse, Metamorphose, Häutung, Tod
- Stroh - Asche: Verwandlungsprozesse im Verbrennen
- Gesicht auf Bild: vgl. "Deutsche Geistesheroen", Romantikbezug
- Textzeile "dein goldenes Haar": Todesfuge von Celan, Bezug Asche, Tod, Wachstumsprozesse, Werden und Vergehen, Auseinandersetzung mit der Vergangenheit 2. WK
- Zusammenhang von natürlichen Materialien und im Prozess entstandenen Dingen wie Rahmen z.B. Rechteck als moderne Form, Erfindung des Tafelbildes auf Prozessen aufgebaut

V. Bezug zum Artikel "Der Berg. der Boden und die Stadt"
ein • Interview mit Kiefer vom 11.08.2001 in der Süddeutschen Zeitung als Basis für die Interpretation des Objekts