Gespräche  in der ständigen Sammlung  des  Kunstmuseums Wolfsburg
     
 
  1. Treffen 22.05.2001
Wie lässt sich das Werk (mit Schülern) erschließen?

1.) Nullsituation bewältigen
"Unbeschwert" assoziieren: Müll, Gemälde - Marktwert, Türmen, Wie ist das gemacht?, Haufen, Scheiterhaufen, hexen- /Bücher-/Bilderverbrennung, Scheitern, schichten, Geschichte, Holzscheit, gescheit sein, scheitern, Sperrmüll, aufräumen, Veränderung, Produktionsvernichtung, Gestapelte masse, Unrat, Orientierungspunkt, ...

2.) Beteiligtsein / Verknüpfungen bewußt machen / reflektieren / gestalten
persönliche Fotos stapeln, Begriffe erforschen z.B. "scheitern", "Bilderschichten", Geschichten, Anekdoten erfinden, körperliche Beziehungen aufbauen, Riten erfinden, Distanz verändern,
(Reimars Bitte: selbst 1 - 3 Seiten Assoziationen jedweder Art zu sammeln)

3.) Wie - trotz Wissen und Sehen auf der Basis vorhandener Kopfbilder - ohne Vorbilder neu sehen?

Das Abbildhafte in Frage stellen (vgl. Dibbets), das Geschichtete der Gesamtform zeichnen, ... ?

NACHTRAG ZUM SCHEITERN:
Leseprobe: Gerd B. Linke in "Kunst und Gehirn" über
KREATIVITÄT und SCHEITERN

 

2. Treffen 12.06.2001
(Autor konnte nicht teilnehmen)

 

 

kiefer_klein

Amselm Kiefer:
20 Jahre Einsamkeit, 1971-1991
Bitte auf das Bild klicken, um ein größeres zu öffnen!
Beide Fotos: Helge Mundt, Kunstmuseum Wolfsburg

       
  3.Treffen 14.8.2001
Reimar (Schreiben vor Kiefer)
Ilka (Protokoll)
Rainer:
1.) Beim Titel "20 Jahre Einsamkeit" - wenn auch an der Wand stehend - ist ein Weg über Sprache und erinnerbare Erfahrung, die an den Bedeutungsinhalt der Worte gebunden ist. Über den Titel kann man nachsinnen, auch ohne das Werk vor sich zu haben. bei Betrachtern, die selbst noch nicht 20 sind überzeugt dieser Ansatz allerdings nicht, weil über keinerlei vergleichbare "Erfahrungsgeschichte" verfügt werden kann! (Welcher Schüler hat schon seine 20 Jahre Einsamkeit erfahren!?)
2.) Ziel der Auseinandersetzung kann außerdem nicht sein, die eine richtige Interpretation *1 zu finden, da der erlebte Hintergrund Kiefers nicht konkret aus dem Trans-formationsergebnis abgeleitet werden kann. Hier wirkt sich der Unterschied zum Erfahrungspotential und zur Erlebens-, Wahrnehmungs- und Reflexionsqualität eines jeden Betrachters als positive Spannung aus, da das Werk Spielraum für die verschiedenen individuellen Sichtweisen bietet, ohne den allgemeingültigen Rahmen beliebig weit zu spannen.
3.) Eher läßt sich vielleicht in den Wert des Werkes eindringen, wenn das, was "Scheitern" meint, ans Licht geholt wird.- bevor ein Beispiel des Künstlers über literarische Quellen herangezogen wird, wäre die eigene Erlebniswelt konkreter erinnerbar. Was verstehst du unter Scheitern? Wann bist du schon einmal gescheitert? Warum hat es sich bei dir eingegraben? Ist es nicht eine Erfahrung zurückliegender Zeit? Sollte man verdrängen oder wahrnehmend herangehen? - Was hat Kiefer gemacht? (Jetzt wäe ein Vergleich sinnvoll. - Vielleicht trägt auch das Interview *3 in der Süddeutschen Zeitung vom 11.8.2001 etwas zur KLärung bei.)
 

 

 

Wenn ich am Computer z.B. mit einem Grafikprogramm kämpfe und nach zwei Tagen außer Frust nicht weitergekommen bin (wie ich schnell annehme), sehe ich den Haufen Arbeit nicht. Was sehen Schüler, die nach 16 Jahren überlegen, zuhaus auszuziehen, nach zwei Monaten die Freundin verlassen oder verlassen werden? Was wird erlitten, wenn nach 2 Wochen geistiger Konditionierung die Klausur doch nicht geschafft wird? Was, wenn der Schulabschluss misslingt? Was ist mit der Arbeitsstelle? Was nützen mir, dem Lehrer, meine Schul-Erfahrungen von 1966?
EINSCHUB: Assoziationen der Studenten *2 von Reimar Stielow und seine eigenen *4.
Wir stehen auf und gehen direkt ans Werk (am 14.08.2001): Alles Theoretisieren beiseite lassend herantreten, Empfindungen erinnern, philosophieren, entdecken, verknüpfen, Verbindungen verfolgen,gemeinsam verwebend, kreativ mit den Einfällen spielen, Begriffe aufschlüsseln und Bild im Kopf, Waage, Sonnenblume, schroedel bd.3 goldene spirale, Van Gogh, Schlange - Python - Würgeschlange, nicht Häutung, sondern gehäutet, das Wesen der verlockenden Erkenntnis, der Rest des menschlichen Quantensprungs nach der Vertreibung aus welchem Paradies, oder was? Die böse Schlange, der gute Erzengel, der böse Künstler, der gute Museumsbesucher, das böse Museum, das mir dieses präsentiert! (Leserbrief Abstammung anfügen?) gestapelte Bilder, Leinwand, Blei, Farbe, Stroh, Erde, Konzept oder nicht? Offene Savanne der Gedanken, dennoch gebündelt an den altarhaften Scheiterhaufen, Schicksalsakku, dessen Energie noch für andere Lichtresonanzen gut ist. 24.08.2001

 
 
 
12.10.2015